Lovecraft Meets Tanabe

HP Lovecraft & Gou Tanabe: »Die Farbe aus dem All«

Lassen wir Nicolas Cage einmal völlig aus dem Spiel. »Die Farbe aus dem All« gehört zu Lovecrafts besten Geschichten. In ihr spiegelt sich, was ihn zum Meister des Genres Macht: Das blanke, kosmische Grauen. Gilt das auch für die Manga-Adaption durch Gou Tanabe?

Eine Farbe zuviel

Als ein Meteorit einschlägt, verändert sich alles: Die Umgebung. Das Wasser. Das Leben der Familie Gardner. Denn, wie der Titel schon verrät: der Meteorit emittiert Licht in einer Farbe, die noch nie zuvor ein menschliches Auge erblickt hatte. Dementsprechend ratlos stehen Wissenschaft und Familie der Angelegenheit gegenüber. Ein Glück, dass der “Stein des Anstoßes” sich auflöst.

Doch der Vorfall bleibt nicht ohne folgen. Der Meteorit mag ja verschwunden sein – aber die Farbe … die Farbe bleibt. Und mit ihr das Grauen, dass sie in die Familie bringt.

Eine Farbe zu wenig

Gou Tanabe überträgt viel vom visuellen Horror aus Lovecrafts Erzählung auf seine Bilder. Entsetzte Gesichter, Niedergeschlagenheit und sogar Wahnsinn. Was den Panels aber eindeutig fehlt – vor allem in Anbetracht des eigentlichen Protagonisten dieser Geschichte – ist … genau. Farbe.

Selbstverständlich ist es nicht leicht, eine Farbe zu nutzen, die es (bisher?) nicht gab. Aber ich fürchte, nahezu alles wäre besser gewesen, als nichts. Die Abwesenheit von Farbe macht manche Bilder zu unübersichtlich, nimmt dem einen oder anderen vielleicht sogar den Schrecken. Zumindest für mich.

The good bad ugly

Das ist aber noch nicht alles. Denn abgesehen von diesem Makel funktioniert Tanabe Adaption erstaunlich gut. Bevor ich es lesen konnte, habe ich doch sehr daran gezweifelt, dass man die immer wieder nur angedeuteten Veränderungen an Mensch, Tier und Umwelt überhaupt bildlich darstellen kann. Stellt sich heraus, dass das möglich ist.

Der Trick dabei dürfte sein, nicht zu viel zu zeigen – und hier widerspreche ich mir vielleicht ein wenig selbst, wenn ich sage, dass das Fehlen von Farbe ein Vorteil sein kann. Denn gerade die von mir vorhin noch kritisierte Unübersichtlichkeit lässt den Freiraum im Kopf, der die Bilder mit selbsterdachtem Schrecken füllt. Ähnlich, wie Lovecraft es mit seinen eigenen, sprachlichen Andeutungen macht.

Fazit

Die Überschneidungen im Arbeiten, also die Ähnlichkeiten zwischen Gou Tanabe und HP Lovecraft, kommen in wenigen Mangas dieser Reihe so gut ans Licht, wie in »Die Farbe aus dem All«. Und da es sich dabei um eine einzelne, abgeschlossene Geschichte in einem einzelnen Taschenbuch handelt, ist es wahrscheinlich ein perfekter Punkt, um in die Reihe einzusteigen.

-ds


Angaben

Gou Tanabe
H.P. Lovecrafts »Die Farbe aus dem All«
Carlsen Verlag / 192 Seiten
(Taschenbuch)

€ 13.00 (DE)
€ 13.40 (AT)

ISBN 9783551722942


Das Projekt

Gou Tanabe, der japanische Manga-Künstler, versucht sich seit langem daran, Lovecrafts Geschichten für das bildlastige Medium zu adaptieren. Meistens mit großartigem Erfolg!

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